154. Flashbacks-Brösel

1. • Grüne AboSendung
Nach meinen Büchern über Kakerlaken und Glühwürmchen, ist dieser Tage mein Zecken-Büchlein (‚Achtung Zecken!‘ – Der Grüne Zweig 303) erschienen, das heute für die Abonnenten zur Post geht.

Zeitgleich erhalten Abonnenten den Grünen Zweig 302:
Widerspenstig, eigenwillig, unbequem
Die unbekannte Geschichte behinderter Menschen.
Berühmte Frauen und Männer mit körperlichen, geistigen oder psychischen Einschränkungen haben teilweise Unvergessliches in Kunst, Kultur und Wissenschaft geleistet. Udo Sierck stellt Persönlichkeiten mit Behinderung in zwanzig kurzen Biographien vor.

2. • Zum Insektensterben
Gelernt habe ich bei den Insekten-Recherchen u.v.a. den Ursprung des Begriffes ‚Ungeziefer‘. Ich fragte gut 50 Menschen – jeder hatte eine Vorstellung von ‚Ungeziefer‘, aber niemand eine Ahnung, was denn ‚Geziefer‘ sei. Frank Böhmert machte mich dankenswerterweise auf die wahre Bedeutung dieses Begriffes aufmerksam: „Steht schon im Grimmschen Wörterbuch, siehe
http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB&lemma=Geziefer
und da vor allem unter 2), wo die positiven Definitionen aufgeführt sind („schöne Geziefer“).
Jacob Grimm erklärt Ungeziefer wie folgt: „Die ältere richtige schreibung war ungeziber (bei Burc. Waldis 184b), und es ist die verneinung von ziber, zeber althochd. zepar, angels. tiber, opferthier, altfr. toivre, atoivre‘. so wird ein gegensatz gewonnen zwischen thieren, die zum opfer dargebracht werden können, und solchen, die durch miszgestalt oder unansehnlichkeit des wuchses davon ausgeschlossen sind. bildungen mit un, die hierzu stimmen, begegnen freilich erst in der mittelhochdeutschen zeit, einmal ungezibele (mhd. wb. 3, 873b); einmal ungezibere (Lexer 2, 1892)“

The Guardian Weekly (15.2.2019):
„41% of global insect species have declined over the past decade … The rate of extinction is eight times faster than that of mammals, birds and reptiles … according to the best data avaiable, suggesting they could vanish within a century…“.

Und ausgerechnet jetzt habe ich, erstmals seit etlichen Jahrzehnten, wieder fleißige Läuse in den Haaren. Keine Ahnung, von wem die übergelaufen sein könnten. Du? Und bei meinem Filz hilft kein Herauskämmen-der-Nissen-Tip … das klappt nur beim Schnurbart, der kurzzeitig als Heim für 16 Läuse diente. Die restliche Haarpracht wird nun heftig mit der chemischen Keule bearbeitet.

3. • Suche Postanschriften
folgender im Impressum aufgeführter Informanten für das Zecken-Büchlein, denen ich gerne Belegexemplare senden möchte:
Frank Böhmert
Mathias Heine
Jörg Kammel
Thomas Rohde

4. • Insekten-Krimis
Diese beiden Bücher sind unterhaltsam und man lernt in beiden etliches über Insekten bzw. Ameisen:
• Jeffery Deaver: Der Insektensammler (Blanvalet, 477 S.)
• A.J. Colucci: Die Kolonie (Mira TB, 300 S.)

5. • GrünZweigFlashbacks…
Zu den meisten Themen, die ich im Laufe der Zeit vergrünzweigt habe, trudeln früher und später immer wieder inhaltliche UpDates auf den Schreibtisch – doch nur noch selten kann ich die in Neuauflagen der Bücher unterbringen. Hier ein paar Beispiele:

6. • Indianer & Haare
(Indianer & Wir, Zweig 22; Haare, Zweig 290)
Vor einem Bundesgericht in Texas haben im März 2019 indianische Häftlinge das Recht erstritten, im Gefängnis lange Haare tragen zu dürfen, da die langen Haare Teil ihres Glaubens seien. Gemäß indianischer Überlieferung stellen die Haare die Verlängerung der Seele dar. Nur in Zeiten der Trauer dürften sie gekürzt werden.

7. • Das Scheiss-Buch (Zweig 123)
Victoria, englische Königin mit odenwälder Wurzeln, ließ zu ihrer Zeit nicht nur ein vorbildliches Eisenbahnnetz und Abwässerkanäle ausbauen, sondern sie führte auch im ganzen Land flächendeckend öffentliche Volkstoiletten ein. Doch das Angebot schrumpft. Die Lobbygruppe British Toilet Asoc. schätzt, daß n den vergangenen zehn Jahren jede zweite öffentliche Toilette für immer geschlossen wurde. In der touristische belebten Grafschaft Cornwall – zu/in die ich ehemals von Löhrbach aus mit dem Mofa fuhr) sank die Zahl der öfffentlichen Bedürfnisanstalten von 247 auf 14. Raymond Martin (!), Chef der WC-Lobby, klagt, daß dieser Mangel mancheÄltere und Kranke „zu Gefangenen in ihren Wohnungen“ macht.
Bei der Weltausstellung 1851, installierte ein George Jennings ‚öffentliche‘ Toiletten, für derenNutzung mal 1 Penny zahlen mußte. Das taten dann auch 827280 Gäste, denn die meisten Haushalten hatten noch keine eigene Toilette und waren zudem nicht an eine öffentliche Kanalistion angeschlossen. Immerhin müssen die Gemeinden künftig für öffentliche Klos keine Gewerbesteuern mehr zahlen.

8. • Knast
Anfangs meiner Öffentlichkeits’arbeit‘ war 1971 der Vorläufer der Grünen Kraft: Die ‚Grüne Hilfe‘, eine Hilfsorganisation für Drogen-Inhaftierte. Wobei ich damals, auch mangelnder eigener Knast-Erfahrungen (nie länger als 1 Nacht), wenig Wissen und Ahnungen zum Thema hatte.
Eine unbedingte Pflichtlektüre zum Thema:
KNAST, die aktuelle Ausgabe 62 des unabhängigen Gesellschaftsmagazina DUMMY.
Dort erfuhr ich z.B., daß noch zu meinen Lebzeiten die Todesstrafe in D. vollstreckt wurde (die letzte am 18.2.1949).
Vor allem aber liegt der Schwerpunkt ‚unseres‘ Knastsystems noch auf Betrafung, nicht auf Lebenshilfe: „Kaum jemand wird im Knast ein besserer Mensch werden.“ Sehr aufschlussreich ein längeres Interview mit einem ehemaligen Knastdirektor, der jetzt alle Gefängnisse abschaffen möchte – und gute Argumente, wie Beispiele aus anderen Kulturen, dafür vorbringt. Dauerhafte Haft wäre nach ihm nur bei ca. 10% der Täter sinnvoll.
Seltsam die Geschlechterverteilung. Im Jahr 2017 zählte man 2.112.715 Tatverdächtige, davon 536.578 Frauen. Im März 2018 saßen 564 Männer in Sicherheitsverwahrung, aber nur zwei Frauen…

9. • Gambia
Willkommen! – Gastfreundschaft weltweit
Es war ein Traum. Der Musiker Malamini Jobarteh, der auf einer Europa-Tour bei uns übernachtete, lud uns in den 80ern nach Gambia ein. Wir wohnten im Boucarabouu Hotel, Jean Trouillet sei Dank. Er hat auch Beiträge über die westafikanische Musikerszene in unserm gemeinsamen Grünen Zweig 132 ‚WeltBeat‘ verfaßt.
Noch nie fühlte ich mich als Fremder so willkommen. Überall offenes, freundliches Lächeln. Als ehemaliger Hotelier beeindruckte mich das so, daß ich das Buch ‚Willkommen – Gastfreundschaft weltweit‘ herausgab. Weitere Besuche folgten, wir in Gambia, Malaminis Sohn Tata Dindin {u.a. musikalischer Leiter von Andre Hellers ‚Africa’–Projekt} und seine Schwester Siffai bei uns am Lagerfeuer. Ihrem jüngeren Bruder Pa Bobo wollte ich die {europäische} Schule bezahlen – doch der Familienrat lehnte das Angebot ab. Grund: Die Erfahrung habe gezeigt, daß Kids, die diese Schule absolvieren Alkoholiker würden.

Dann kam es zu einem politischen Umsturz, der dem Lande und vielen Menschen viel Leid bescherte. Diktator Yahya Jammeh brannte schließlich 2017 mit fast 1 Milliarden Dollar durch.
Und nun noch dies:
https://www.theguardian.com/global-development/2019/mar/20/chinese-fishmeal-plants-leave-fishermen-gambia-all-at-sea

10. • Kolonialaufarbeitung
Einen sehr empfehlenswerten Überblick über die ehemaligen Kolonien und das gruselige Wirken unserer Vorväter bietet die Ausgabe ‚Der Spiegel EDITION Geschichte, 1/2019: Von Herren und Sklaven – wie die Europäer die Welt unterjochten‘.
Es macht durchaus Sinn, afrikanische Flüchtlinge auf einen Kaffee einzuladen und mit ihnen über die Erinnerungen ihrer Väter zu sprechen.

11. • Psychiatrie
Ein ZwangsAufenthalt in selbiger wurde mir erspart, auch die erlebte ich nur als Besucher von Freunden mit Problemen. Wobei oft die Psychatrie selber ein größeres Problem war als das Hirn des Inhaftierten. Aus einem Text von Werner Bartens:
„Lange gehörten Wahnsinnige zum bunten Panoptikum der Gesellschaft, zeigten sogar ihre kuriosen Auswüchse. Gut erging es diesen Außenseitern nie, aber erst in der frühen Neuzeit begann ihre systematische Ausgrenzung in den neu entstandenen Verwahrungsanstalten. ‚Der Aufstieg des Zeitalters der Vernunft, des Merkentalismus und des aufgeklärten Absolutismus vollzog sich in eins mit einer neuen, rigorosen Raumordnung, die alle Formen der Unvernunft demarkierte und jenseits der zivilen Verkehrs-, Sitten- und Arbeitswelt, kurz: der Vernunftwelt, hinter Schloss und Riegeln verchwinden ließ‘, schreibt Klaus Dörner in ‚Bürger und Irre‘, seiner wegweisenden Sozialgeschichte der Psychiatrie.
Fortan wurden willkürlich jene weggesperrt, die nicht gesellchaftlichen Normen entsprachen oder Missfallen bei Herrschenden erregten. Das konnten Bettler und Vagabunden sein ebenso wie Arbeitslose, Verbrecher oder Ungläubige. Alkoholiker zählten dazu, aber auch Dirnen, Sonderlinge, misliebige Ehefrauen oder missratene Söhne…“.

12. • Zum globalen Wasserverbrauch
Unser Trinkwasser ist OK, ich genieße täglich einen Liter. Und habe nur Ahnungen, was ich ansonsten indirekt verbrauche. Hier ein paar Zahlen des globalen Wasserverbrauches, die Zahlen stammen von Waterfootprint.Org

  • Äpfel, 1kg 700 Liter
  • Bananen, 1kg 860
  • Brot, 1kg 300
  • Käse, 1kg 5000
  • Kaffee (1 Tasse)
  • 140Mango 1kg 1600
  • Salat 1kg 130
  • Schokolade 1kg 24000
  • Schweinefleisch 1kg 4800
  • Tee (1 Tasse) 30
  • Zucker (Rohr) 1kg 1500

13. • Was ist Dir was wert? ZB. die Brösel…
Die ersten Grünen Zweige hatten keinen festen Preis. Jeder konnte zahlen, was er wollte bzw konnte. Auf Wunsch auch Bezahlung erst nach der Lektüre. Ich mußte einsehen, daß wir nicht gelernt haben, selber solche ‚Werte‘ festzusetzen, uns konkrete Gedanken darüber zu machen, was uns dies oder jenes wirklich wert ist.
So muß ich nun monatlich schmunzeln, wenn der 1€-Dauerauftrag von Volker G. auf dem Konto eintrudelt. Wenn es ihm jede/r Brösel-Empfänger/in gleichtun würde, könnte ich davon die monatlichen Kosten für Krankenkasse und Miete begleichen. Schließlich zahle ich für die meisten Brösel-Quellen auch etwas – so sie nicht, wie das New Scientist-Abo allemal gesponsort werden (Dank an Andrej!).
Muß ja auch kein Dauerauftrag sein, aber sollte Dir eine Brösel-Meldung mal etwas wert sein…

Danke.

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