Winterliche Weiss-heits-Brösel

1. Herzkasperls Geburtstag
Vor genau einem Jahr überraschte mich ein Herzinfarkt, mir wurde ein Ersatzteil eingepflanzt, ich genoß die Kur in Bad Orb und dann gings Leben weiter.
Seit dem bin ich wahrer DrogenFreak, bei dem angesagten Tablettenkonsum.
Geblieben sind der Stress, der Kontostand und die Erinnerung an besondere Tage & Nächte.
Dank an Alle, die mir damals geholfen haben.

2. Geht die Erde falsch?
Willkommen im Jahr 2015, das ja immerhin eine Sekunde länger sein wird, als 2014.
Seit 1972 wird uns ab und an, wenn es ‚nötig‘ ist, eine Sekunde geschenkt. Naja, nicht wirklich uns, aber unseren Uhren, inzwischen schon 15 Sekunden. Warum? Weil die Erde im Laufe der Zeit langsamer wird, sie also aus Sicht der Zeitspezialisten ‚falsch‘ geht… Ein Fachmann aus England sagte: „Atom-Uhren können die Zeit genauer festhalten als die Erde.“
Der Zeitsprung wird am 30. Juni geschehen.
Und was werden wir mit dieser Sekunde anfangen?

3. Anlagevermögen/Geschäftsausstattung
Steuerliche Abschreibungen der Grünen Kraft 2014 = 2,50 Euro
Jahresabschluß des Kontos der Grünen Kraft immerhin 3,03 Euro im Plus
Laut Oxfam besitzen die reichsten 80 Menschen so viel wie die ärmsten 3,5 Milliarden. (Im Jahr 2010 waren es statt 80 noch 388).
Seien wir dankbar, daß wir weder zu den einen noch den andern gehören.

4. Buntes Weinheim?
Weinheim, die Kleinstadt vor meiner Haustür, hat ein Problem mit Nazis. Die NPD möchte hier auch in den kommenden Jahren ihren Bundesparteitag abhalten.

Herzlichen Dank für das Feedback auf meine ‚Willkommens-Kultur in Weinheim‘ Mail – sogar die RNZ druckte das Teil auf ihren redaktionellen Seiten (also nicht als ‚Leserbrief‘) ab – wenn auch ohne Zeilenhonorar

Bunt?
Nach wie vor ist mir noch nicht ganz klar, was in diesem Zusammenhang mit ‚bunt‘ konkret gemeint sein soll, oder gibt es da inzwischen eine Definition? Hilfreich der Hinweis in der Zeitung, daß einige Teilnehmer bei der Demo zum Thema ‚bunte Jacken‘ und ‚bunte Schals‘ trugen. Ist ja schonmal etwas, nachdem in den vergangenen Jahren die winterliche Oberbekleidung bundesweit ins ‚schwarze‘ gerutscht ist. In Weinheim noch nicht so arg wie in Berlin, wo ich mich letzthin von hunderten in schwarz gekleideten Männern umgeben sah, viele von ihnen mit entsprechenden Strickmützen. Wer hat diesen Trend, dem sich ja auch viele Autos anpassen, wann gestartet? Der Begriff ‚Black is beautiful‘ kam nun aus einer, hm, farbigeren Ecke.
Laut RNZ (9.1.) fehlt heute ‚der modische Impuls‘. „Bekleidung hat an Stellenwert verloren.“ Heute investiere man eher ins neue iPhone.

Aber das ‚Bunt‘ im Bunten Weinheim kann man wohl nicht einfach so auf Bekleidung beziehen, geht es doch um Menschen. Auf den Fotos der Demos entdeckte ich nur Weißgesichter. Wäre es nicht ein erster Schritt, wenn die Stadt oder jeweilige Veranstalter zu solchen Demos gezielt ‚Neu-Weinheimer‘ aus allen Kontinenten einladen würden?
Seltsamerweise sind in diesem Lande traditionell um diese Jahreszeit drei exotische, meist wirklich bunte, illegale* Gestalten aus dem arabischen Raum willkommen, die wir unsere Häuser segnen lassen und dafür noch entlohnen.

Gibt es eine Übersicht, aus wievielen Ländern Menschen nach Weinheim gekommen sind bzw. sich hier aufhalten? Wenn jedes dieser Länder bei einer Demo repräsentiert wäre, eventuell in eigener Kleidung oder gar auch mit eigenen Musiken – das wäre in der Tat eine bunte Angelegenheit.
Solidarische Begegnungen auf Augenhöhe, statt Demos ‚Wir die Guten – für euch‘.
(* oder haben die eine gültige Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis?)

Demos wo?
Als ich das Foto von der Solidaritäts-Demo mit den Opfern in Frankreich sah, blieb mir das Herz stehen: Ausgerechnet vor dem Anti-französischen Kriegerdenkmal zum Krieg 1871, damals gesponsort von einem aggressiven Kriegerverein, einem Krieger der ausdrückt: „Franzosen… Wir kommen wieder!!“, also einer Ankündigung des 1. Weltkrieges … weil ein paar Meter weiter eine französische Kneipe ist. Auf dem Zeitungsfoto ist der Krieger, nicht der Wirt oder die Kneipe zu sehen.

Die Weinheimer Friedens-Eiche
Warum nutzt man nicht diese wunderschöne Anlage, die damal schon im Sinne der Völkerverständigung – speziell der deutsch/französischen – geschaffen wurde: die Friedens-Eiche vor der Alten Post.
Und jener Platz wäre noch viel einladender, wenn jemand (Stadt? Energieversorger?) diesen pothäßlichen Metallkasten um ein paar Meter versetzen könnte, immerhin steht nur wenige Meter weiter ein ganzes Häuschen, auf der Straßenseite gegenüber ein weiterer Verteiler … da kann es doch nicht soo aufwändig sein, diesen optische Schandfleck umzusiedeln und das Umfeld der Friedens-Eiche noch einladender für positive Demos zu gestalten. Das kostet wohl nicht mehr als die regelmäßige Pflege der Weinheimer SteinNazis in der Bahnhofstraße.

Werner Pieper

Weitergabe mit Quellenangabe erwünscht

5. Wolfgang Neuss
Im Mai 1989 starb Wolfgang, im Juni erschien in der Zeitschrift TEMPO Neuss‘ letztes Gedicht. Auszüge:

Gift heißt Geschenk
Die Erde ist ein einziges Geschenk
Der Wald stirbt weg, damit auf seinen Flächen Mohn wachsen kann
Die Erde bietet Opium an
„Die Menschen werden sich beruhigen müssen“

Schlaftabletten und Wachmacher
halten sie Sicherheit aufrecht
Ohne Schlaftabletten und Wachmacher
würde die Mehrheit der Bevölkerung
kläglich versagen
Und das muß auch noch geheimgehalten werden…
Die Apotheke wird der gemütlichste Ort der Welt
Die Kneipen des Ersballs
gehen auf in die neuen Volksapotheken
wo man sich auf ein Gläschen Kojks mit Shit
auf ein Traubenzucker-Verlium-Sandwich trifft
In der potheke zum Grünen Krug
zeigt die Grüne Kraft
eine Opium-Supersamt-Performance
‘ne Art Café Einstein Cooltour –
die Apotheke von morgen.

Mit schlechtem Gewissen wird jedes Gift, jedes Geschenk
wirken wie genommen –schlecht.
Doch von hundert Leuten die Drogen nehmen
tun es 90 mit schlechtem Gewissen
Das liegt an der Illegalität
Dazu das falsche Wissen,
die diametral entgegengesetzte ‚Aufklärung‘
und natürlich ganz allgemein
der Irrglaube über die Beschaffenheit des Menschen
seines Geistes, seines Körpers
die völlig fehlende Information über den Tod
über das ständige Kommen und Gehen auf der Erde
Wer den Tod nicht versteht
der sollte schonmal keine Droge in sich hineinstopfen.
Letzte Durchsage:
Wir leben immer – auch ohne Körper
Sowas sollte man nicht glauben, sondern wissen.

Und wie der Neuss (über-)lebt zeigt dieser längere Clip:
https://www.youtube.com/watch?v=lgwDA8SoMvY

Noch gibt es einige Exemplare vom Neuss‘ Zeitalter, dem Grünen Zweig von & mit Wolfgang.

6. Sütterlin
Einer der bislang unerfülltenWünsche für einen Grünen Zweig:
ein Büchlein über die Fraktur- und die Sütterlin-Schriften. Viele jüngere Menschen lehnen diese ab, da das allemal ‚Nazi-Schriften‘ seien –nicht wissend, daß Adolf H. seinerzeit die Frakturschrift abschaffte …
http://www.rilchingen.de/ers/homep/suett-lp.htm

7. Arhoolie 50th anniversary celebration
Eine der Recherche/Interview/Begegnungen für einen Grünen Zweig, die für mich am nachhaltigsten in Erinnerung geblieben ist, war – neben Wolfgang Neuss – der Besuch bei Chris Strachwitz, dem Grpünder des Arhoolie-Labels für unser WeltBeat-Buch vor über 20 Jahren. Hier mehr zum aktuellen Jubiläum.

https://www.youtube.com/playlist?list=PLUSRfoOcUe4btcRTrBAC1iqN9Z6jamkmH
auch:
http://nomousemusic.com/

8. New Orleans – never the old one again
In New Orleans fühlte ich mich nach mehreren besuchen zum Heritage Festival daheim. Dann kam Kathrina und blies und schwemmte jene Viertel, in denen ich mich wohl fühlte, fort. I wont go back. Für die ehemaligen Anwohner & deren Musik-Kultur ein ganz bitterer Verlust.
http://www.wsj.com/articles/laws-that-are-out-of-tune-1420500187

THE WALL STREET JOURNAL
January 6, 2015

Laws That Are Out of Tune
The clash between musical tradition and residents of New Orleans is being played out through ordinances and the City Council.

By LARRY BLUMENFELD

Last year in New Orleans, the calls and responses of a storied musical tradition were often drowned out by back-and-forth arguments over ordinances. At stake are a number of things, not least a culture that the city’s Convention & Visitors Bureau website correctly claims “bubbles up from the streets.”
This past January, dozens of musicians led a crowd of hundreds into New Orleans’s City Council chamber. “We’re here to bury the noise ordinance,” announced a trombonist before raising his instrument. The protest took musical form—a dirgelike rendition of the hymn “Just a Closer Walk With Thee,” a standard at any local jazz funeral.
In April, one day before the annual Jazz & Heritage Festival opened, council chambers were again full. The lobbying regarding decibel levels and regulations of musical expression revealed growing public rifts. Some speakers warned of threats to musicians’ livelihoods and the infringement of rights. Others sought protection from nuisances, particularly the bombast of amplified music along one stretch of Bourbon Street, in the French Quarter. One contentious item was Section 66-205, which states: “It shall be unlawful for any person to play musical instruments on public rights-of-way between the hours of 8:00 p.m. and 9:00 a.m.” Never mind that tourists arrive with the precise expectation of hearing music played on streets at night. Or that a city attorney had already declared that curfew unconstitutional. (The mayor has promised that this will no longer be enforced. However, it remains on the books.)
In late October, the council concluded public comments about a new Comprehensive Zoning Ordinance—a sweeping document to replace the existing ordinance that, according to the City Planning Commission’s website, “is an obstacle to creating the city of the future.” By revisiting zoning, the council highlights one deep irony in a city known for music: The existing legislation essentially prohibits live entertainment in New Orleans save for spots either grandfathered in or specially designated as exceptions. One speaker equated a proposed citywide allowance for limited music in restaurants with making “all neighborhoods de facto entertainment districts.” Others feared steering live music mostly to designated arts-and-culture zones, and away from the neighborhood clubs that have long nurtured a locally bred scene. As David Freedman, the general manager of listener-supported WWOZ-FM (self-proclaimed “Guardians of the Groove”), said: “An unintended consequence may be the death of spontaneous culture in New Orleans. Some may think this is good for tourism and development, but it is not good for the distinct musical traditions at the core of our identity.”

If there’s a culture war going on in New Orleans, that’s hardly news. According to historian Freddi Williams Evans’s book “Congo Square: African Roots in New Orleans,” Congo Square—where enslaved Africans danced and drummed on Sundays—was codified by an 1817 city ordinance restricting such activities to a single spot. A 1996 photograph that ran in the Times-Picayune newspaper, of a protest march, showed a teenage snare drummer wearing a sign: “I Was Arrested for Playing Music.”

The past decade lends heightened context to current debate. In the years since the 2005 flood resulting from levee failures that followed Hurricane Katrina, tensions surrounding culture led to clashes. In 2007, a consortium of Social Aid and Pleasure Clubs defeated, in federal court on First Amendment grounds, jacked-up city permit fees for their weekly brass-band-led second-line parades; later that year, police busted up a memorial procession for a beloved tuba player, igniting a fight over who owns the streets. This narrative unfolded despite the city’s pervasive use of these traditions to rekindle a tourism business that, in 2013, hosted more than nine million visitors who spent more than $6 billion.
Now, as a yet undefined “new” New Orleans rubs up against whatever is left of the old one, brass bands have been shut down on their customary street corners. Music clubs have increasingly been hit with lawsuits and visited by the police responding to phoned-in complaints. A revival of rarely enforced ordinances has met a fresh groundswell of activism. All this has happened in the context of swift gentrification of neighborhoods such as Tremé, long a hothouse for indigenous culture.
In any city, gentrification raises questions: What happens when those who build upon cultural cachet don’t want that culture next door? But even long-standing residents of the city’s historic neighborhoods have had a sometimes uneasy coexistence with the city’s largely organic culture, and their legitimate quality-of-life expectations (noise, crowds, and such) beg for clear and enforceable rules. Yet in New Orleans such concerns are underscored by an exceptional truth—a functional jazz culture that is, for many, elemental to daily life and social cohesion.
The Disneyfication of New Orleans that people warned of in 2005 was supposed to be quick and dramatic. But, as Alex Rawls, a veteran local music critic, told me: “The danger is not like that. If you take your hands off the wheel and let business interests rule, that sort of thing happens more gradually, almost without people noticing.”
People have noticed. The TV cameras won’t descend upon New Orleans until August, marking a decade since Katrina. Yet those with a stake in the city’s culture should watch closely in the coming months, when the city council plans to rule on all the above issues.

New Orleans loves to relive its past. Yet simply because its culture has long occupied embattled space doesn’t mean that must forever be the case. Despite sometimes-heated rhetoric, those advocating for enlightened policies have begun speaking less like combatants than like willing partners, or as activists completing a mission. Jordan Hirsch, who formerly headed the nonprofit Sweet Home New Orleans, now works with a nascent organization billed as a “cultural continuity conservancy.” “Where we were once focused on simply getting musicians home,” he said, “the job now is to create equitable policies that assure a sustainable cultural community.”
During a news conference at last year’s Jazz & Heritage Festival, New Orleans Mayor Mitch Landrieu told me, “there is a way to organize culture without killing it.”
This year, the New Orleans City Council has the chance to craft policies that nurture culture and remove it from the cross hairs of controversy. If it can’t strike the right balance, that next brass band may not find its audience on a streetcorner. And that city like no other may start to sound and feel a bit more like every place else.

Mr. Blumenfeld writes about jazz for the Journal. He also blogs at blogs.artinfo.com/blunotes.

9. Hitchcocks Holocaust-Film
www.theguardian.com/film/2015/jan/09/holocaust-film-too-shocking-to-show-night-will-fall-alfred-hitchcock?CMP=fb_gu

10. Desserts
Eine weitere temporäre Ex-Heimat ist Gambia. Auch da half unser WeltBeatBuch für eine gute Kommunikation mit mehreren Musikern, vor allem Malamini Jobarteh und seinem Sohn Tata Dindin. Leider hat sich die politische Situation im Lande sehr verschlechtert, daß an einen weiterenbesuch nichtmehr zu denken ist.
In Gambia lernte ich die gelben Alfonso-Mangos kennen und lieben. Mit denen hat es auch mehr auf sich, als ich ahnte:

http://sorendreier.com/mangoes-unlocks-marijuanas-true-potential/
http://www.amazon.de/Mango-Massenkult-Kulturrevolution-Alfreda-Murck/dp/3858813672

• Und zum guten Schluß kann ich einen neuen Grünen Zweig ankündigen. Nicht dick, aber eine neu entdeckte gehaltvolle Vision von Mark Twain.
Falls finanzierbar noch ein weiteres (umfangreicheres) Buch mit speziellen Karlchen-Cartoons … Mal schauen, wie fruchtbar der Frühling wird … jetzt schneits erstmal Weiss-heiten vom Himmel …

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